Entstehung
Das griechische Wort „synagein“ übersetzt den hebräischen Ausdruck „eda“, der in etwa „die sich versammelnde Gemeinde“ bedeutet. Die Synagoge ist somit ein Haus der Versammlung, der Zusammenkunft und oft auch ein Lehrhaus einer jüdischen Gemeinde.
Sie ist immer nach Jerusalem ausgerichtet (in Europa in West-Ost-Richtung). Gottesdienste finden jeweils morgens, mittags und abends statt, wozu sich mindestens zehn religionsmündige Männer einfinden müssen. Die Synagoge hat keine Glocken, welche den Gottesdienst einläuten. In Zeiten der Ghettos lief der „Klopfer“, ein Synagogendiener, von Haus zu Haus, um die Gläubigen zum Gebet zu rufen.
Der Gottesdienst läuft nach dem „Siddur“, dem Gebetbuch, ab. Dieses Buch besteht aus einer Sammlung von Toraabschnitten, Psalmen und Sprüchen. Der Vorleser bzw. Kantor und ein weiteres Gemeindemitglied wechseln sich beim Vorlesen daraus ab. Der Kantor wendet sich im Sinne der Gemeinde an Gott. Das „Schma Israel“ ist neben dem Glaubensbekenntnis das wichtigste Gebet im täglichen Gottesdienst.
Aufbau
Die Heilige Lade ist ein Behälter, in dem die Torarollen aufbewahrt werden. Sie befindet sich an der Ostwand der Synagoge, entweder freistehend oder in der Nische. Meist führen Stufen zur Heiligen Lade hinauf. Sie selbst ist von einem Vorhang verhüllt.
Toravorhang aus dem Jahr 1770 (Quelle: Österreichisches Jüdisches Museum, Eisenstadt)
Der Almemor (Bima, Tewa) ist ein Pult oder ein Tisch, von dem aus die Torarollen verlesen werden. Das Pult ist häufig über Stufen an zwei Seiten zu erreichen und mit einem Geländer umgeben. Der Almemor ist der Einrichtungsgegenstand, der die Anlage einer Synagoge am stärksten beeinflusst. Der Vorsteher liest von dort während des Gottesdienstes aus den Torarollen und leitet die Gemeinde an, sich beim Gebet nach Jerusalem zu wenden. Das erhöhte Pult muss groß genug sein, um die Rollen darauf ausbreiten zu können. Die Männer saßen seitlich des Almemor. Das war den Frauen verwehrt, für die es deshalb separate Räume im hinteren Teil des Gebäudes bzw. später auf den Emporen gab. Jeder Mann kann zur Lesung aufgerufen werden, was für den Betreffenden eine große Ehre darstellt. Meistens übernimmt das der Vorleser, weil die Lesung in einem bestimmten Tonfall, nach strengen Vorschriften erfolgen muss.
Talmudhochschule
Die Jeschiwa, hebräisch „Sitz“, bezeichnet eine jüdische Hochschule, in der die gesamte rabbinische Tradition, zumeist der Talmud, gelehrt wird. Der Leiter einer Jeschiwa wird als Rosch-Jeschiwa bezeichnet. Der Talmud, hebräisch „Lehre“ oder „Studium“, ist nach der hebräischen Bibel die wichtigste religiöse Schrift des Judentums. Der Talmud umfasst die Mischna (hebräisch „Wiederholung“) und ergänzt sie durch die erläuternde Diskussion in der Gemara (aramäisch „Lehre“). Die Mischna bezeichnet die im 2. Jahrhundert nach der Zeit(rechnung) entstandene Sammlung von Kommentaren zur Tora. Der Talmud beinhaltet sowohl gesetzliche Bestimmungen als auch erzählerische Betrachtungen. Traditionell wurden Frauen zum Tora-Studium nicht zugelassen, jedoch besteht seit einigen Jahren die Möglichkeit, an modern-orthodoxen jüdischen Einrichtungen einen Jeschiwa-Abschluss zu erlangen. Nach jüdischer Tradition hatte der Rabbiner jeder Gemeinde das Recht, eine eigene Schülerschaft in einem Bet Midrasch („Lehrhaus“) genannten Gebäude, das sich meist in der Nähe der Synagoge befand, zu unterrichten. Der Betrieb wurde aus dem Steueraufkommen der Gemeinde finanziert. Nach einigen Jahren konnten die Schüler entweder nach Ablegen der Semicha (formelle Einsetzung als Rabbiner) selbst eine Rabbinerstelle antreten oder einen weltlichen Beruf ergreifen.
Mikwah/Mikwe (Ritualbad)
Die Mikwah oder Mikwe, das Badhaus der Gemeinde, war eine wichtige Institution im religiösen Gemeindeleben und diente der rituellen Reinigung der Menschen, als auch dem „kaschern“, dem Reinigen von unrein gewordenem Essgeschirr.
Skizzenplan Badhaus aus dem Jahr 1826 (Quelle: Burgenländisches Landesarchiv, Jüdisches Zentralarchiv)
Burgenland
Das Novemberpogrom 1938 bereitete den ehemaligen jüdischen Einrichtungen ein jähes Ende. Der „organisierte“ Volkszorn richtete sich vor allem gegen die Bethäuser. Die Synagogen in Kobersdorf, Rechnitz, Mattersburg und Eisenstadt wurden von örtlichen SA-Männern verwüstet. In Güssing verbrannten Nationalsozialisten am Hauptplatz Möbel und Bücher der Synagoge. Der Tempel in Frauenkirchen wurde bereits 1939 abgetragen, die Synagogen in Mattersburg, Lackenbach und Deutschkreutz wurden 1940 und 1941 gesprengt. In Oberwart erfolgte der Umbau der Synagoge zu einem Feuerwehrhaus, in Rechnitz zu einer Art Jugendherberge und in Güssing zu einer Turn- und Festhalle.
Einzig die Synagoge in Kobersdorf ist äußerlich erhalten geblieben. In Stadtschlaining wurde die Synagoge renoviert und wird heute als Bibliothek der Friedensuniversität genutzt. Die frühere Privatsynagoge von Samson Wertheimer ist als Bestandteil des Österreichischen Jüdischen Museums in Eisenstadt noch erhalten.
Quellen
Literatur:
Baumgartner, Gerhard: Die jüdische Gemeinde zu Schlaining. Schlaining 1988.
Brettl, Herbert: Nationalsozialismus im Burgenland. Opfer - Täter - Gegner. Innsbruck 2012.
Temmel, Johann: Die jüdische Gemeinde in Rechnitz. In: Gombos/Gruber/Teuschler (Hgg.): „... und da sind sie auf einmal da gewesen.“ Zur Situation von Flüchtlingen in Österreich. Beispiel Rechnitz. Oberwart 1992, S. 69-102.
Internet:
http://de.wikipedia.org/wiki/Jeschiwa (10.3.2015)
http://www.judentum-projekt.de/ (4.3.2015)
http://www.ojm.at/ (10.3.2015)
Archiv:
Jüdisches Zentralarchiv (JZA), Burgenländisches Landesarchiv Eisenstadt