Friedhof Rechnitz
Jüdischer Friedhof Rechnitz
Der Friedhof stellt in der jüdischen Gemeinde einen wichtigen Ort dar und weist im Vergleich zu christlichen Begräbnisorten viele Besonderheiten auf: Er wird außerhalb des Siedlungsraumes angelegt, weil er als unrein gilt. Die Lebenden sollten sich mit den Toten nicht „an einem Ort aufhalten“. Im Gegensatz zu christlichen Begräbnisstätten, die im Mittelalter um die Kirchen lagen, befanden sich jüdische Friedhöfe weit entfernt von Synagogen und Wohnräumen. Die jüdische Tradition besteht darin, kleine Steine auf die Grabstelle zu legen. Steine symbolisieren Beständigkeit und Unvergänglichkeit. Generell sollen keine gärenden, säurehältigen oder zersetzungsfördernden Stoffe auf den Friedhof gelangen. Dennoch wächst Efeu auf den Friedhöfen, solange sie nicht die Inschriften eines Grabsteines zerstören. Die Erklärungen, kleine Steine auf die Grabstelle bzw. den Grabstein zu legen, reichen von Motiven des Schutzes des Toten bis hin zu Zeichen der Anteilnahme. Bestimmte Personengruppen befinden sich an gewissen Orten. So existieren z.B. gesonderte Liegeflächen für Kinder und ehrenvolle Persönlichkeiten. Rabbiner und Cohanim (Nachfahren der Priester) erhalten Grabstellen nahe dem Zugang. Selbstmörder und Personen mit „schlechtem Ruf“ fanden ihre letzte Ruhe bisweilen abgesondert. Kinder, auch Totgeborene und Kleinkinder, wurden an einem spezifischen Ort des Friedhofes bestattet. Am Schabbat darf der Friedhof nicht betreten werden und demnach ebenso keine Bestattung oder Arbeit auf dem Gelände stattfinden. Ein Friedhof ist ein Ort der Ruhe und die muss sich auch im Verhalten der Besucherin/des Besuchers äußern. Für Männer besteht die Pflicht, auf dem Friedhof eine Kopfbedeckung zu tragen. Nach dem Besuch wäscht man sich die Hände, weil Nähe zu Toten Unreinheit bedeutet. In der Neuzeit wurde begonnen, in der Gestaltung von Grabsteinen über die Schriftkunst hinauszugehen. Erstmals gelangten auch Symbole zur Verwendung, die auf das Geschlecht, den Charakter oder den Beruf des Verstorbenen hinweisen:
Grabstein Löwy (Quelle: Gemeindearchiv Rechnitz)
Symbole
Symbol | Bedeutung (Hinweis) |
Menora (siebenarmiger Leuchter) | Fortleben der Seele, eines der ältesten Symbole auf Grabsteinen, Zeichen des Volkes Israel |
Segnende Hände der Cohanim (Priester) | Herkunft des Bestatteten von den Cohanim, also der Priesterschaft (Priestersegen im Tempel zu Jerusalem) |
Krug (Kanne) und Becken (Schale) der Leviten | Herkunft des Bestatteten von den Leviten, also den Helfern der Priester (beim Waschen der Hände) |
Davidstern (Magen David) | Ornament aus ältester Zeit, Wappen der Prager jüdischen Gemeinde, Symbol für das Judentum an sich |
Krone | Gnade und Barmherzigkeit des Bestatteten bzw. Ehre, Ruhm und Freude |
Tiere (Löwe, Hirsch, …) | Name des/der Verstorbenen, z.B. Nachname |
Florales (Rosenblüte, Blumenmuster) | weibliche Bestattete, Zierelement |
Tränenbaum, Träneneiche | Baum des Lebens, Baum der Erkenntnis |
Schmetterling, Sanduhr | Un-/Vergänglichkeit |
gebrochene Rose, umgeknickter Baum | in jungen Jahren Verstorbene/r, aus dem Leben gerissener Mensch |
Weintraube | Gelehrter |
Buch | von Gott geschrieben |