Bei dem mutmaßlichen Mörder des bei Jabing erschossenen Juden handelte es sich um SS-Unterscharführer Adolf Storms. Am 1. August 1946 wurde Adolf Storms von den österreichischen Behörden zur Fahndung ausgeschrieben. Doch der zu dieser Zeit als ehemaliger Angehöriger der Waffen-SS im bayerischen Internierungslager Dachau Inhaftierte blieb unbehelligt. Jedoch begann im Oktober 1946 vor dem Landesgericht in Wien ein Volksgerichtshof-Prozeß2 gegen fünf tatverdächtige HJ-Führer aufgrund der Morde in Deutsch-Schützen. Nach einer zweitägigen Verhandlung wurden alle fünf als Mitschuldige am Verbrechen zu Haftstrafen zwischen drei Jahren und 15 Monaten verurteilt.
Einer der Hauptschuldigen, HJ-Bahnnführer Alfred Weber3, war zu diesem Zeitpunkt noch flüchtig. Es gelang ihm, sich zehn Jahre lang vor der Justiz zu verstecken. Im Juli 1955 wurde er schließlich in Bayern gefasst und an die österreichischen Behörden überstellt. Sein fünftägiger Prozeß vor dem Landesgericht Wien im Juni 19564 war gleichzeitig der erste Geschworenenprozeß aufgrund von nationalsozialistischen Verbrechen in Österreich, denn die Volksgerichtsbarkeit wurde nach dem Abzug der Alliierten aus Österreich im Dezember 1955 abgeschafft. Obwohl bis in die 1970er-Jahre hinein zahlreiche Geschworenenprozesse gegen NS-Täter geführt wurden, erregten sie vor allem aufgrund offensichtlicher Fehl- und Skandalurteile die Öffentlichkeit. So auch im Fall von Alfred Weber. Dieser, aufgrund von Zeugenbeeinflussung, Falschaussagen sowie Verschleppung von Beweismaterial, bemerkenswerte Prozeß endete schließlich mit einem Freispruch für Weber.
[2] Wiener Stadt- und Landesarchiv, Vg 1g Vr 2059/45, Prozess gegen Johann Kaincz und andere.
[3] Alfred Weber, geboren 1921 in Deutschlandsberg, war seit März 1932 Mitglied der HJ, und zwischen 1934 und 1938 als HJ-Führer innerhalb der illegalen NSDAP tätig. Noch während seiner Tischlerlehre wurde er aufgrund seiner Mitgliedschaft bei einer verbotenen Organisation und politischer Agitation zu drei Wochen strengem Arrest verurteilt. 1939 meldete er sich freiwillig zur Waffen-SS. Mit der SS-Division „Der Führer“ macht er den Westfeldzug mit, ist in Serbien stationiert und wird schließlich 1941 in Rußland als SS-Rottenführer schwer verwundet. Nach seinen schweren Verletzungen ist Weber dauerhaft frontverwendungsunfähig, und wird daher vom NS-Regime in der Jugendführung eingesetzt. Ab Herbst 1944 hatte er die Funktion des HJ-Bannführers in Deutsch-Schützen inne. (Walter Manoschek, „Dann bin ich ja ein Mörder!“, Göttingen 2015, S. 45)
[4] Wiener Stadt- und Landesarchiv, 20a Vr 661/55, Prozess gegen Alfred Weber.