Entwicklung
Der Beginn der mittelalterlichen Anlage geht auf das 13. Jahrhundert zurück. Bei der einstigen Burg Rechnitz handelt es sich um das auf einer Anhöhe stehende heutige „Öde Schloss“. Der böhmisch-ungarische König und spätere Kaiser Ferdinand I. gab Franz Batthyány im Jahre 1527 Rechnitz als Pfand und schließlich 1564 als Erbgut.
Adam I. Batthyány ließ noch in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts das alte Kastell abreißen und nach 1648 in mehreren, kurz aufeinander folgenden Bauphasen ein neues großes Renaissanceschloss errichten.
1687 gewährte Adam II. Batthyány den 36 ansässigen Juden einen „Schutzbrief“, eine ähnliche Vereinbarung hatte auch schon sein Vater Christoph 1673 getroffen. Das war die Grundlage für die Bildung einer jüdischen Kultusgemeinde. Unter Graf Adam II. Batthyány wurde Rechnitz ein kultureller Mittelpunkt.
1838 schenkte Fürst Gustav Batthyány-Strattmann die 30.000 Bände umfassende Schlossbibliothek der neu gegründeten Ungarischen Akademie der Wissenschaften. 1871 verkauften die Batthyánys ihren Besitz an den Rechtsanwalt Julius von Szájbely. Dieser veräußerte im Jahr 1906 die Herrschaft an den Industriellen Heinrich Baron Thyssen-Bornemisza. Der bekannte Kunstsammler richtete im Schloss eine bedeutende Gemäldegalerie ein. Nach dem Ersten Weltkrieg gelang die Familie Batthyány durch Heirat wieder in Besitz des Schlosses.
In der Nacht vom 24. auf den 25. März 1945 wurden rund 200 ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter in der Nähe des Kreuzstadls erschossen. Am selben Abend fand im Schloss der Margit von Batthyány, dem Sitz der „Reichsschutzstellung“, ein letztes „NSDAP-Kameradschaftsfest“ statt. Daran nahmen 40 bis 50 Personen teil: Graf und Gräfin, Angestellte des Gutshofes, die Bauabschnittleiter, Mitglieder der SA, des Volkssturmes, der SS und der Wehrmacht. Nach heutigen Erkenntnissen spricht vieles dafür, dass die letzte „Schlossherrin“ Margit zwei Hauptverdächtige des Massakers, den SS-Hauptscharführer und Gestapo-Beamten Franz Podezin und den Gutsverwalter Hans Joachim Oldenburg, nach dem Krieg gedeckt hat.
Tante Margit
Titelblatt „Das Magazin“ 50/2009
LINK: Das Magazin
Das Schloss
Das einstige Schloss, das mehr als 200 Zimmer umfasste, war eine sehr geräumige Anlage. Das Gebäude hatte einen trapezförmigen Grundriss um einen Arkadenhof, der so groß war, dass in ihm ein ganzes Husarenregiment exerzieren konnte. Die lange zweigeschossige Vorderfront wurde vom hohen Torturm dominiert, der später zu einem klassizistischen Uhrturm umgebaut wurde. An den Ecken der Schauseite waren mächtige dreiachsige Pavillons basteiartig vorzufinden.
Luftaufnahme des Schlosses (Quelle: Gemeindearchiv Rechnitz)
Im ersten Stock des Süd- und des Osttraktes waren viele Zimmer mit schönen Stuckdecken und Deckenmalereien versehen. Die Raumausstattung stammte aus dem letzten Viertel des 17. Jahrhunderts. Die Schlosskapelle befand sich in der Mitte des hinteren Traktes, deren Stuckarbeiten als ein Werk von Filiberto Lucchese galten. In der Nacht vom 29. auf den 30. März 1945 geriet das Schloss durch Kampfhandlungen in Brand. Heute weisen nur mehr einige Terrassenmauern sowie ein Brunnen, der mit einer ehemaligen Steinlaterne geschmückt ist, auf das einst mächtige Gebäude hin.
Vorderansicht des Schlosses (Quelle: Gemeindearchiv Rechnitz)