Im Dezember 1944 trafen die ersten von letztlich etwa 500 ungarischen Juden in Deutsch-Schützen ein. Ihre Aufgabe war es, am sogenannten „Südostwall“ zu schanzen, einer letzten Verteidigungsstellung des Deutschen Reiches gegen die anrückende Rote Armee. Entlang der burgenländischen Grenze wurden nicht nur tausende von ungarischen Juden eingesetzt, auch Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter, HJ und notdienstverpflichtete Bevölkerung gruben vom Herbst 1944 bis Ende März 1945 Panzer- und Schützengräben, bereiteten Stellungen für Artillerie und Maschinengewehre vor und errichteten Unterstände.
HJ schanzt am Südostwall
Die in Deutsch-Schützen eingesetzten Ungarn hatten schon vor ihrem Einsatz im Burgenland als Angehörige des ungarischen Arbeitsdienstes an anderen Orten – beispielsweise in Steinamanger / Szombathely – Zwangsarbeit verrichten müssen. Viele von ihnen gehörten vormals der Arbeitsdienstkompanie 103/III an. Alle nach den ungarischen Gesetzen als Juden definierten Männer im wehrfähigen Alter wurden nicht zur ungarischen Armee eingezogen, sondern leisteten ihren Dienst in den sogenannten Arbeitsdienstkompanien ab. Es handelte sich dabei um militärisch geführte aber unbewaffnete Einheiten, die im Frontbereich Bautätigkeiten durchführten. War ihre Behandlung unter den Pfeilkreuzlern in Ungarn brutal und demütigend, so schien sich ihre Situation im Lager in Deutsch-Schützen wesentlich zu bessern. Sie wurden in zwei Getreidespeichern am Rande des Ortes untergebracht, hatten also ein festes Dach über dem Kopf.
In den Speichern waren Stockpritschen mit frischem Heu aufgestellt, sowie jeweils ein Ofen in der Mitte des Gebäudes. Dadurch waren die Ungarn in ihrem Quartier der Winterkälte nicht so sehr ausgeliefert. Als Waschgelegenheit diente ein Brunnen im Hof. Verpflegt wurden sie zweimal pro Tag im Hof des Pfarrhauses, und zwar gemeinsam mit der ebenfalls in diesem Abschnitt schanzenden Hitlerjugend und weiteren Zwangsarbeitern. Nach Aussagen von Überlebenden
Überlebender Ernö Lazarovits / Überlebender Ladislau Blum
unterschied sich ihr Essen nicht wesentlich von dem der HJ-Burschen. Bewacht wurden sie von vier SA-Männern, die die Ungarn aber weitgehend in Ruhe ließen. Schläge und Gewalt gegen die Zwangsarbeiter gab es offensichtlich nicht. Von einer lückenlosen Bewachung der rund 500 Ungarn kann auch nicht ausgegangen werden, dazu wären ihre lediglich vier Bewacher wohl auch nicht in der Lage gewesen.