Zwangssterilisierungen
Zwangssterilisierungen
Die Nationalsozialisten stützten ihre Ideologie des „gesunden Volkskörpers“ auf Konzepte aus dem 19. Jahrhundert, die davon ausgingen, dass bestimmte Völker und Rassen anderen überlegen wären. Der Rassehygiene nach sollte daher der Staat Maßnahmen setzen, um eine „genetische Verbesserung der Rasse“ zu erzielen. Aus diesem Grund förderte der NS-Staat „positive Erbanlagen“ durch Kinderbeihilfen oder durch Ehestandsdarlehen. Im Gegensatz dazu griff er in die Weitergabe von angeblich „minderwertigem Erbgut“ durch Eheverbote und Zwangssterilisationen ein. Neben diesen menschenunwürdigen Taten gingen die Nationalsozialisten aber noch einen Schritt weiter und ließen tausende „kranke“ Menschen töten.
Am 14. Juli 1933 wurde das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ verabschiedet. Laut diesem Gesetz konnte jeder gegen seinen Willen zwangssterilisiert werden, der „an schwerem Alkoholismus, angeborenem Schwachsinn, Schizophrenie, zirkulärem Irresein oder den erblichen Formen von Veitstanz, Blindheit, Taubheit und schwerer körperlicher Missbildung“ litt. Im November 1933 kam es zu einer Novellierung des Gesetzes, das ab nun auch „arbeitsscheue“, „arbeitslose“ und „politisch unangepasste“ Personen enthielt. Eine Schwangerschaft bei jüdischen Frauen durfte jederzeit ohne Angabe von Gründen unterbrochen werden. In der „Ostmark“ (NS Bezeichnung für Österreich) trat dieses Gesetz mit dem 1. Jänner 1940 in Kraft. Erbkrankheiten mussten durch den jeweiligen Arzt sofort gemeldet werden. Der Amtsarzt untersuchte danach die betreffende Person. Ungefähr drei Viertel der Sterilisationen sind auf psychiatrische Diagnosen zurückzuführen, in denen hauptsächlich „angeborener Schwachsinn“ attestiert wurde. Beschloss bzw. bestätigte das Gericht die Sterilisation, so wurde diese vorwiegend von Ärzten in den Bezirkskrankenhäusern vorgenommen.
Auch im Krankenhaus Oberpullendorf wurden Zwangssterilisierungen vorgenommen. So sollten etwa die Geschwister Maria und Franz M., laut Beschluss des Erbgesundheitsobergerichts vom März 1944 zwangssterilisiert werden. Es wurde jedoch mehrfach durch das Gesundheitsamt Oberpullendorf ein Aufschub genehmigt, da die beiden „in den Arbeitsprozess eingeschaltet sind und ihr Ausfall von Bedeutung wäre. […] Außerdem sind die Kinder harmlos und es besteht keine Gefahr.“ Im Feber 1945 wurden die Geschwister dennoch im Krankenhaus Oberpullendorf zwangssterilisiert.
"NS-Euthanasie"
"NS-Euthanasie"
Die sogenannte "NS-Euthanasie", also die Tötung von kranken, behinderten und unerwünschten Menschen, die durch die Nationalsozialisten durchgeführt wurde, sollten unter anderem die Kosten der Anstaltspflege reduzieren. Die eigentliche Wortbedeutung des Begriffes „Euthanasie“, der so viel wie „schöner Tod“ bedeutet und für schnelles und schmerzloses Sterben steht, wurde von den Nazis für die ersten Massenermordungen pervertiert. Die Nationalsozialisten bereiteten die Bevölkerung mittels Propaganda indirekt auf die Tötung vor, jedoch unterlag der eigentliche Prozess strengster Geheimhaltung.
Somit begann das Verbrechen der Nationalsozialisten schon mit der Kindereuthanasie, bei der Ärzte und Hebammen verpflichtet waren, behinderte Kinder zu melden. Gutachter des „Reichsausschusses zur wissenschaftlichen Erfassung von erb- und anlagebedingten schweren Leiden“ bestimmten über Leben oder Tod des Kindes. Daneben spielten Gesundheitsämter eine Rolle in der Erfassung, die Meldung an den Reichsausschuss erfolgte von den Kinderfachabteilungen, wie zum Beispiel vom Spiegelgrund. Durch die Verabreichung von Veronal oder Luminal wurden die Kinder getötet. Diese beiden Schlafmittel wurden in Form einer Überdosierung in der Mahlzeit den Kindern verabreicht, um so auch einen natürlichen Tod vorzutäuschen. Noch heute sind diese Medikamente als Schlafmittel im Handel zu finden.
Ein weiterer Schritt der Nationalsozialisten war die sogenannte „Aktion T4“, mit dem Ziel der systematischen Vernichtung von behinderten und psychisch kranken Menschen. Eine von sechs Tötungsanstalten befindet sich in Hartheim bei Linz, in der die meisten Euthanasieopfer aus Österreich den Tod fanden. Dort wurden die Menschen in einer Gaskammer mit Kohlenmonoxid ermordet und anschließend in Krematoriumsöfen verbrannt. Den Angehörigen wurde ein Sterbedokument mit einer erfundenen Todesursache übermittelt.
Personen aus dem Nord- und Mittelburgenland wurden meist in die Anstalten Steinhof in Wien bzw. Mauer-Öhling, Gugging und Ybbs in Niederösterreich verlegt. Von diesen Anstalten transportierte man die Opfer weiter nach Hartheim.
Wie bereits erwähnt, versuchte der NS-Machtapparat die Massentötungen geheim zu halten. Trotzdem erfuhren sowohl öffentliche Stellen als auch die Bevölkerung bald von den Morden. Besonders der Abtransport ins Ungewisse sowie die meist unerwarteten Mitteilungen über den Tod und die Todesursachen der Angehörigen ließen Misstrauen aufkommen. Dies bestätigte auch der damalige Amtsarzt von Oberpullendorf bei seiner Vernehmung 1945: „In der Bevölkerung herrschte großer Unwillen und große Erregung“.
In Oberpullendorf gibt es laut aktuellem Stand der Forschung acht Euthanasieopfer zu beklagen. Diese wurden in den Jahren 1940 bis 1942 von verschiedenen Zwischenanstalten (Gugging, Niedernhart/Linz, Ybbs, Mauer-Öhling) nach Hartheim transportiert, um dort vergast zu werden. Bei einer Person handelte es sich um ein 5-jähriges Kind.
Quellen
Verwendete Literatur
Herbert Brettl: Nationalsozialismus im Burgenland. Opfer. Täter. Gegner. Innsbruck, Wien [u.a.]: 2013, 2. Auflage, 243-255.
Herbert Brettl / Michael Hess: NS-Euthanasie im Burgenland. "In eine der Direktion nicht genannte Anstalt übersetzt". (Bgld. Forschungen, Bd. 136), Eisenstadt: 2010, 34.
Claudia Andrea Spring: Zwischen Krieg und Euthanasie. Zwangssterilisationen in Wien 1940-1945. Wien [u.a.]: 2009, 203.
Datenbank Hartheim